Freitag, 27. August 2010

Traumweber


Grossstädtische Strassenschluchten
mit neonverzierten Hochhaussilhouetten
vor trübem Dunst am Nachthimmel.
Abfallübersähter schwarzer Asphalt
mit schmutzigen Pfützen
trägt eine leere Strassenbahn hinweg.

Unten in dieser Schlucht - eine Höhle:
Gestalten an der Bar,
die Köpfe zwischen die Schultern eingezogen.
In rotem und gelbem Licht dröhnt Techno
aus zerbeulten Lautsprechern
und an einem Tisch in der Ecke gröhlen
rülpsende Bierbäuche in schwarzem Nietenleder.

Links an der Wand an einem Tisch unter einer
defekten Lampe sitzt Stahlhirsch
vor einem längst geleerten Glas.
Ganz still sitzt er da, die Zeit angehalten
und spielt mit einer kleinen Adlerfeder
in seinen Haaren.
Sein Blick geht geradeaus, durch einen Betonpfeiler
und weiter in Vergangenheit und Zukunft,
einen Traum webend von Rehauge:
Grazile Bewegungen -
Haare, die von Zärtlichkeit erzählen,
ein Ohr im Morgenwind am grünen See -
Stahlhirsch webt mit Erinnerungen
seinen Traum in diese schnelle, schrille
und laute Welt,
trägt den Zauber der Morgensonne
in diesen Ort, in diese Zeit
und an der Bar weint ein Rauhbein
eine leise Träne.

1996 / Bär

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